Argumente für Einzelhaltung?

 

 

Die meisten Besitzer von einem allein lebenden Kaninchen nennen ähnliche Gründe für die Einzelhaltung. Die mir geläufigsten und ihre Stichhaltigkeit sollen im Folgenden analysiert werden

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    1. Mein Kaninchen fühlt sich wohl alleine.

Kaninchen sind sehr anpassungsfähig. Dass ein Kaninchen unglücklich war, merkt man meist erst, wenn man es vergesellschaftet hat und sieht wie sehr es sich freut, einen Partner zu haben, wie sehr es mit dem neuen Freund auflebt. Rein wissenschaftlich spricht alles gegen ein glückliches Leben eines Einzeltiers: Wer einmal wilde Kaninchen beobachtet hat weiß, dass sie in großen Gruppen zusammenleben. Sie haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten, putzen sich gegenseitig, schlafen nebeneinander und spielen miteinander. Ein paar der typischsten Verhaltenseigentümlichkeiten weisen deutlich auf ein Gruppentier hin, z. B. das Klopfen mit den Hinterbeinen, womit bei Gefahr der Rest der Kaninchen-Gruppe gewarnt wird.

Im Tierschutzgesetz steht, man soll Tiere artgerecht halten. Der Art der Kaninchen entspricht eine Gruppenhaltung.

 

    2. Ich beschäftige mich viel mit meinem Kaninchen, es ist fast nie alleine.

Du kannst es streicheln, aber nicht lecken und putzen, Du kannst es füttern, aber nicht mit ihm auf Augenhöhe um ein Kohlrabiblatt streiten, Du kannst ihm den Stall einstreuen, aber es nachts nicht wärmen und vor allem: Du kannst mit ihm reden, aber nicht in seiner Sprache. Das alles vermisst es, auch wenn Du ein toller Besitzer bist.

 

    3. Mein Kaninchen ist nicht alleine: es hat ein Meerschweinchen als Partner.

Es ist eine der größten Tragiken der Kaninchen, dass irgendwann einmal jemandem eingefallen ist, dass diese beiden unterschiedlichen Tiere zusammengehalten werden können. Noch größer ist sie nur für die Meerschweinchen, die meist von den wesentlich rabiateren Kaninchen unterdrückt werden. Natürlich "verstehen" sie sich manchmal, nur leider ist es mehr eine Duldung als eine Freundschaft. Natürlich lecken sie sich gegenseitig und liegen auch nebeneinander. Aber: Gib dem Kaninchen ein anderes Kaninchen und ein Meerschweinchen in ein Gehege. Meinst Du es würde den Meerschweinchen-Kumpan wählen?

Untersuchungen haben gezeigt: Hält man eine Meerschweinchen- und eine Kaninchengruppe zusammen (alles Tiere, die sich vorher nicht kannten), stellt man fest, dass sie sich hinsichtlich ihrer Art in zwei Gruppen teilen (Forschungsergebnis) (mehr).

 

    4. Ich habe nicht genug Platz für ein zweites Kaninchen.

Hier kommt ein anderes Thema auf, dass Kaninchen vielleicht ebensoviel Leid zufügt wie die Einzelhaltung: die Käfiggröße. Eigentlich will jeder, der ein Kaninchen zu sich holt, dem Tier etwas Gutes tun, deswegen wird meist ein angeblich "großer" Käfig in der Tierhandlung gekauft. Leider gibt es aber kaum große Käfige in Tierhandlungen.

Man rechnet, dass ein Kaninchen, wenn es artgerecht gehalten werden soll, mindestens 2qm zur Verfügung haben sollte. Das wären auf dem Boden z. B. 2m mal 1m. Wieso ist logisch: Ein Kaninchen muss hoppeln (das bedeutet mehr als 3 Sprünge), sich recken und strecken können. Da hilft ein 2-stündiger, täglicher Auslauf wenig, wenn es 22 Stunden nur 1,2m*0,6m zur Verfügung hat. Wer nicht so viel Platz hat, der kann Gehege bauen, die mehrstöckig sind (Beispielgehege). Für zwei Kaninchen muss natürlich entsprechend mehr Platz da sein. Allerdings (und dies ist jetzt meine persönliche Meinung) ist die Haltung von zwei Kaninchen auf nur 2qm der Haltung von EINEM Kaninchen auf 2qm vorzuziehen. 

 

    5. Zwei Kaninchen bedeuten mehr Arbeit bzw. sind teurer.

Ein zweites Kaninchen macht nur minimal mehr Arbeit als das erste: Man braucht nur von allem (Streu, Futter, Platz) ein wenig mehr, dafür aber weniger Zeit für das Tier, da es Gesellschaft hat.

Kaninchen können teuer werden. Es gibt Erkrankungen, die lange Behandlungen beim Tierarzt nach sich ziehen und dementsprechend Kosten verursachen. Das ist aber eine Überlegung, die man vor dem ersten Kaninchen anstellen muss. Ein zweites Kaninchen kostet mehr Geld, aber es ist eine Investition in das Glück des bereits vorhandenen, die sich mehrfach rentiert: Man vermeidet Verhaltensstörungen beim Kaninchen, kann einem weiteren Tier helfen (wenn man es z.B. aus dem Tierheim holt) und hat selber dann zwei Tiere zum Liebhaben und Beobachten (was einfach wundervoll ist).

 

    6. Ich will, dass mein Kaninchen zahm bleibt.

Eine verbreitete Angst ist, dass durch einen Artgenossen das Kaninchen nicht mehr so sehr auf den Menschen bezogen ist. Meine persönlichen Erfahrungen sprechen dagegen: Durch ein weiteres Kaninchen verändert sich nur die Zeit, die das Tier sonst alleine verbracht hat. In der Zeit hat es nämlich dann jemanden zum Spielen. Und wenn man kommt, hüpfen einem dann nicht nur ein Tier entgegen, sondern gleich zwei (drei, vier, fünf....:-)). Bei schüchternen Kaninchen bewirkt ein Partner meist, dass sie mutiger werden, bei überdrehten wirkt er oft beruhigend.

Natürlich ist man nicht mehr das wichtigste Wesen auf der Welt für das einzelne Kaninchen: Aber wäre es nicht Egoismus, dies von dem Tier zu verlangen?

 

    7. Mein Kaninchen ist zu alt, um sich an ein anderes zu gewöhnen.

Wie man in den Links nachlesen kann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein alleingehaltenes Kaninchen Verhaltensstörungen aufweist. Vergesellschaften lassen sie sich aber in 99% der Fälle trotzdem. Wer die wichtigen Regeln dazu beachtet, wird im Normalfall keine Probleme haben. Es gibt Kaninchen, die mit 8 Jahren zum ersten Mal seit ihrer Mutter ein anderes Kaninchen zur Gesellschaft hatten und sich ohne Probleme daran gewöhnt haben. Rechts sieht man Theodora und Justinian, die beide aus jahrelanger Einzelhaltungen kamen. Um mehr über beide zu erfahren, das Bild anklicken.

 

    8. Mein Kaninchen verträgt sich nicht mit anderen. 

Dies ist in nahezu allen Fällen mehr eine Überzeugung der Besitzer als eine Tatsache. Sie kommt meist daher, dass man sein Kaninchen einmal kurzzeitig mit einem anderen, das z.B. zur Ferienpflege da war, zusammen hat laufen lassen und sie sich gejagt/gebissen haben. Da bei diesen Kaninchen-Zusammenführungen nur sehr selten die Regeln der Vergesellschaftung beachtet werden, sind solche Kämpfe völlig normal und würden bei quasi jedem Tier auftauchen. Es lohnt sich, es noch einmal richtig zu versuchen und klappt mit hoher Wahrscheinlichkeit!

Wer trotzdem Angst hat, dass er am Ende mit zwei sich raufenden Kaninchen da steht: Hier helfen zum Glück die Tierheime, die immer gerne bereit sind, Kaninchen unter dem Vorbehalt zu vermitteln, dass es sich nicht mit dem vorhandenen verträgt. Aber noch einmal: Wenn man sich an die Grundregeln der Vergesellschaftung hält, eventuell etwas Geduld hat, ein entsprechend gegengeschlechtliches Tier holt und die beiden auf neutralem Gebiet zusammenführt, wird es gut gehen! (Mehr)

 

Fazit: Gibt es stichhaltige Argumente FÜR die Einzelhaltung? Ich kenne keine.
Ein Kaninchen alleine zu halten ist wie einen Menschen in Einzelhaft zu stecken.

Solltet ihr weitere Argumente für diese Seite haben, würde ich mich sehr freuen, wenn ihr sie mir zuschickt: nie-allein (at) nie-allein.de

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